Jungfernfahrt am Herrentag

18.04.2023

Marco Schimpke will ab Mitte Mai Schiffstouren auf der Kyritzer Seenkette anbieten/Aus der Inselfähre wird die umweltfreundliche "Hertha-Auguste" Wolfgang Hörmann Wusterhausen.

In der kommenden Freiluftsaison soll es endlich wieder  Fahrgastschifffahrt auf der Kyritzer Seenkette geben. Vorbereitungen darauf sind weit gediehen. Sie sollen ihre Krönung mit der Jungfernfahrt am Himmelfahrtstag erleben. Dann sticht die "Hertha-Auguste" erstmalig offiziell in See. Trotz eines neuen Anstrichs in den Farben Blau und Weiß und auch nach etlichen baulichen Veränderungen werden die Einheimischen die einstige Insel-Fähre unschwer wiedererkennen. Seit eine Elektrofähre das Eiland ansteuert, gab es für den eher klobigen, aber sehr soliden Vorgänger nichts mehr zu tun. Er wechselte den Eigentümer. Es wurde Peter Dentler. Der 86-Jährige, einst "Admiral" einer ganzen  Flotte für Erholungstouren auf dem Wasser, gab der Fähre in einer seiner Bootshallen erst einmal Asyl, immer in der festen Absicht, sie noch einmal einzusetzen.


Das übernimmt nun Marco Schimpke. Der Wusterhausener, der Dentlerschen Schifffahrt seit langem verbunden und auch befähigt, am Steuer zu stehen, schien dem Altmeister genau der Richtige zu sein, die nie vergessene Touristenattraktion wieder zu beleben. Bei der Umsetzung half der nicht nur mit Ideen, sondern legte selber mit Hand an. Auf der Slipanlage, von der aus schon die "Hertha" per Tieflader ihre Abschiedstour in Richtung Berlin unternahm, wird nun schon seit Wochen gearbeitet. Der gesamte Schiffskörper war zunächst für den Neuanstrich vorzubereiten. Parallel wollte der Einbau eines umweltfreundlichen Elektromotors technisch vorbereitet sein. Ohne den begnadeten Tüftler Hermann Hein wäre das nicht möglich gewesen. Gründonnerstag wurde der Motor des österreichischen Herstellers "Aquamot" an Ort und Stelle eingebaut. Der Antrieb bringt es auf eine Leistung von 12 Kilowattstunden, was 20 Pferdestärken entspricht. "Die Batterien erlauben acht Stunden Dauerfahrt, bevor sie wieder 12 Stunden lang aufgeladen werden müssen", sagt Marco Schimpke. "Für Rundfahrten auf den Seen mit Stopps in Kyritz, Bantikow, Wusterhausen und an der Unterseeinsel sollte das dicke
ausreichen."

Der Fahrplan steht schon. Kfz.-Mechanikermeister Schimpke will in der Sommersaison an den Wochenenden und Feiertagen Rundfahrten anbieten, in der Zeit der Sommerferien auch mittwochs. Platz ist für 21 Leute. Die Namensfindung "Hertha-Auguste" fiel dem 52jährigen nicht schwer. Die Wahl ist eine Hommage an das Fahrgastschiff "Hertha", auf dem sich 1892 der heutige Traditionsklub der Fußball-Bundesliga gründete und das lange auf Wusterhausener Gewässern seine Bahnen zog, und die Verbeugung vor einer nahestehenden Verwandten - mit Zweitnamen "Auguste". Bis die ersten Fahrten anstehen soll sich noch einiges verändern. Das hochgezogene Vordach über dem Fahrraddeck im Bug wird gekappt. Die offenen Seiten erhalten Windschutz. In der Zeit bis zum Stichtag bleibt noch viel zu tun. Und obwohl sich bisher alles eher im Verborgenen abspielte, ist die erste Anmeldung von Fahrgästen schon eingetrudelt. An den Seeufern zwischen Kyritz und Wusterhausen bleibt nie lange was verborgen.


Info:
Das Schiff, das 21 Passagiere aufnehmen kann, ist 9,71 Meter lang und 2,90 m breit.
Die Leistung des Elektromotors entspricht 20 PS.

Die Tradition der Fahrgastschifffahrt in Wusterhausen wurde einst von Walter Dentler begründet. Der Vater von Peter Dentler (86) unternahm seine erste Fahrt mit Gästen am 26. Juli 1928 in einem ehemaligen Polizeiboot.

Nach dem die "Neptun" der Reederei "5 Seen" ab 2020 zuerst mit den Folgen von  Corona, dann eines Motorschadens bis 2021 zu kämpfen hatte, verlief die komplette Saison alles andere als störungsfrei. Der wegen Baufälligkeit gesperrte "Heimatsteg"  war nur eines der Übel. Für den Winter fehlte wieder ein Ruheplatz, weshalb erneut in den Stichkanal bei Stolpe ausgewichen werden musste - und zwar für das
gesamte Jahr 2022. Die Untere Wasserbehörde drohte daraufhin eine Ersatzvornahme an. Dazu kam es nicht, weil die Reederei in Eigeninitiative ihr Schiff aus dem Gewässer "entnahm".
Fotos: Wolfgang Hörmann