Tierseuchenallgemeinverfügung Geflügelpest - Anordnung zusätzlicher Maßnahmen

Kyritz, den 05.12.2022

Gestützt auf die Risikobewertung des FLI zur hochpathogenen aviären Influenza vom 08.11.2022, wonach derzeit von einem hohen Eintragsrisiko durch Verschleppung des Virus zwischen Geflügelhaltungen auszugehen ist und anlässlich des aktuellen Geflügelpestgeschehens, ausgelöst durch mobile Geflügelhändler und die Durchführung von Veranstaltungen mit Geflügel ordne ich hiermit Folgendes an:


1. Die Durchführung von Geflügelausstellungen, Geflügelmärkten oder Veranstaltungen ähnlicher Art ist nur in geschlossenen Räumen möglich.


2. Die auf der jeweiligen Veranstaltung aufgestellten Vögel (außer Tauben) sind virologisch mit Entnahme eines kombinierten Rachen-Kloakentupfers auf nieder- und hochpathogenes Influenzavirus zu untersuchen. Der diesbezügliche negative Befund darf nicht älter als 7 Tage sein.


Kommen die gehaltenen Vögel aus dem Kreis Ostprignitz-Ruppin und aus den angrenzenden Kreisen (Prignitz, Ludwigslust-Parchim, Mecklenburgische Seenplatte, Oberhavel, Havelland, Stendal) so kann die virologische Untersuchung durch ein mit einer längstens 5 Tage vor Veranstaltungsbeginn ausgestellten tierärztlichen Gesundheitsbescheinigung, in dem die klinische Unbedenklichkeit des Herkunftsbestandes bestätigt wird, ersetzt werden.


3. Geflügel, welches im Reisegewerbe außerhalb einer gewerblichen Niederlassung verkauft werden soll, darf nur abgegeben werden, soweit jedes mitgeführte Stück Geflügel längstens vier Tage vor der Abgabe
a. klinisch tierärztlich und,
b. im Fall von Enten und Gänsen, virologisch (Entnahme von kombinierten Rachen-Kloaken-Tupfer) mit negativem Ergebnis auf hochpathogenes oder niedrigpathogenes aviäres Influenzavirus untersucht worden ist.


Derjenige, der das Geflügel abgibt, hat eine tierärztliche Bescheinigung über das Ergebnis der Untersuchung mitzuführen und auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen.

 

4. Die sofortige Vollziehung der Anordnung zu 1. bis 3. nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wird angeordnet, sofern die sofortige Vollziehung nicht bereits gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO kraft Gesetz gilt.


5. Die Allgemeinverfügung gilt am Tage nach der Veröffentlichung auf der Internetseite des Landkreises Ostprignitz-Ruppin www.ostprignitz-ruppin.de als bekanntgegeben und tritt damit in Kraft. Die Allgemeinverfügung ist zunächst bis zum 01.05.2023 befristet.


Begründung:


Gemäß Artikel 70 Abs. 1 b) der VO (EU) 2016/429 hat die zuständige Behörde bei Verdacht des Auftretens einer gelisteten Seuche gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a oder der amtlichen Bestätigung eines solchen Auftretens die erforderlichen Seuchenpräventions- und bekämpfungsmaßnahmen zu ergreifen.


Die Seuchenpräventions- und bekämpfungsmaßnahmen gemäß Absatz 1 Buchstabe b des vorliegenden Artikels können eine oder mehrere der Maßnahmen gemäß den Artikeln 53 bis 69 umfassen und tragen dem Seuchenprofil, den betreffenden wild lebenden Tieren und der Gefahr der Übertragung der Seuchen auf Tier und Mensch Rechnung.
Das Gesetz zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen (Tiergesundheitsgesetz TierGesG) regelt gemäß § 1 die Vorbeugung vor Tierseuchen und deren Bekämpfung. In diesem Rahmen dient es auch der Erhaltung und Förderung der Gesundheit von Vieh und Fischen, soweit das Vieh oder die Fische der landwirtschaftlichen Erzeugung dient oder dienen.


Die Bekämpfungsmaßnahmen nach dem Tiergesundheitsgesetz obliegen gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Tiergesundheitsgesetzes (AGTierGesG) dem für das Veterinärwesen zuständigen Ministerium, dem Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit, den Landkreisen, kreisfreien Städten, Ämtern und amtsfreien Gemeinden nach den Vorschriften des Ordnungsbehördengesetzes, soweit sich nicht aus dem Tierseuchengesetz oder diesem Gesetz etwas anderes ergibt. Demnach ist das Amt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft des Landkreises Ostprignitz-Ruppin für Maßnahmen auf dem Gebiet des Tierseuchenrechts zuständig.


Auf der Grundlage des § 24 Abs. 1 des Tiergesundheitsgesetzes obliegt die Durchführung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften sowie der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes den zuständigen Behörden, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. In diesem Rahmen überwachen sie die Einhaltung der vorstehend genannten Vorschriften sowie der auf Grund dieser Vorschriften ergangenen vollziehbaren Anordnungen.


Auf der Grundlage des § 24 Abs. 3 des Tiergesundheitsgesetzes trifft die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachtes, eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter
Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße erforderlich sind.

Bei tot aufgefundenen Wildvögeln innerhalb Deutschlands und u.a. in Brandenburg wurde das hochpathogene aviäre Influenza A Virus (HPAIV) des Subtyps H5N1 nachgewiesen.


Das gleiche Virus ist bei verendeten Wasservögeln in weiteren europäischen Staaten aufgetreten. Damit ist der Nachweis erbracht, dass dieses Virus aktuell in der Wildvogelpopulation weit verbreitet ist. Gestützt auf die Risikobewertung des FLI zur hochpathogenen aviären Influenza vom 08.11.2022, wonach derzeit von einem hohen Eintragsrisiko durch Verschleppung des Virus zwischen Geflügelhaltungen auszugehen ist und anlässlich des aktuellen Geflügelpestgeschehens, ausgelöst durch mobile Geflügelhändler und die Durchführung von Veranstaltungen mit Geflügel, sind die angeordneten Maßnahmen notwendig.

 

Die Geflügelpest ist eine anzeige- und bekämpfungspflichtige Tierseuche mit schweren ökonomischen Folgen. Somit sind alle Maßnahmen darauf zu richten, eine mögliche Ausbreitung der Geflügelpest zu verhindern.


Gemäß § 38 Abs. 11 des Tiergesundheitsgesetzes i.V.m. § 6 Abs. 1 Tiergesundheitsgesetz kann die zuständige Behörde zur Vorbeugung vor Tierseuchen und deren Bekämpfung eine Verfügung nach Maßgabe der §§ 6, 9, 10 und 26 Absatz 1 bis 3 Tiergesundheitsgesetz erlassen, soweit durch Rechtsverordnung eine Regelung nicht getroffen worden ist oder eine durch Rechtsverordnung getroffene Regelung nicht entgegensteht.


Gemäß § 7 Abs. 5 Nr. 1 a) der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung) kann die zuständige Behörde für Geflügelausstellungen, Geflügelmärkte und Veranstaltungen ähnlicher Art anordnen, dass die jeweilige Veranstaltung in geschlossenen Räumen durchgeführt wird.


Auf der Grundlage des § 7 Abs. 5 der Geflügelpest-Verordnung kann die zuständige Behörde eine Untersuchungspflicht für an der Veranstaltung teilnehmendes Geflügel anordnen.


Dabei sind klinische sowie virologische Untersuchungen einzubeziehen und nach näherer Anweisung der zuständigen Behörde durchzuführen.
Gemäß § 14 a Geflügelpest-Verordnung kann die zuständige Behörde, soweit dies aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung erforderlich ist, anordnen, dass Geflügel außerhalb einer gewerblichen Niederlassung oder, ohne eine solche Niederlassung zu haben, gewerbsmäßig nur abgegeben werden darf, soweit das Geflügel längstens vier Tage vor der Abgabe
1. klinisch tierärztlich oder,
2. im Fall von Enten und Gänsen, virologisch nach näherer Anweisung der zuständigen Behörde mit negativem Ergebnis auf hochpathogenes oder niedrigpathogenes aviäres Influenzavirus untersucht worden ist. Im Fall von Enten und Gänsen gilt § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1, Satz 2 und 3 Nummer 1 Geflügelpest-Verordnung entsprechend. Derjenige, der das Geflügel abgibt, hat eine tierärztliche Bescheinigung über das Ergebnis der Untersuchung nach Satz 1 mitzuführen. Die Bescheinigung ist der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen. Die Bescheinigung nach Satz 3 ist mindestens ein Jahr aufzubewahren. Die Frist beginnt mit dem Ablauf des letzten Tages des Kalendermonats, an dem die Bescheinigung ausgestellt worden ist.


Gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr (Viehverkehrsverordnung ViehVerkV) sind Viehausstellungen, Viehmärkte und Veranstaltungen ähnlicher Art der zuständigen Behörde vom Veranstalter unter Angabe der Art der Veranstaltung mindestens vier Wochen vor dem jeweiligen Beginn schriftlich anzuzeigen.


Nach § 4 Abs. 2 Viehverkehrsverordnung kann die zuständige Behörde Veranstaltungen nach Absatz 1 beschränken oder verbieten, soweit dies aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung erforderlich ist.


Zur tierseuchenprophylaktischen Absicherung der Geflügelbestände werden daher bis auf weiteres die o.g. Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen angeordnet.


Die angeordneten Maßnahmen sind auch verhältnismäßig. Sie sind geeignet, erforderlich und angemessen. Geeignet ist die Maßnahme, da sie dem Ziel dient, durch die Bekämpfung der anzeigepflichtigen Tierseuche, die Tiergesundheit zu fördern sowie eine Ausbreitung der Tierseuche und daraus resultierende wirtschaftliche Schäden zu verhindern. Erforderlich ist die Maßnahme, da es kein milderes und gleich gut geeignetes Mittel gibt, welches denselben Erfolg verspräche. Mildere Maßnahmen als die angeordneten sind nicht geeignet, um den Kontakt von Hausgeflügel und Vögeln unterschiedlicher Herkunft und unerkannten Infektionsquellen auf Ausstellungen, Märkten und Veranstaltungen ähnlicher Art zu verhindern. In Anbetracht der mit der Ausbreitung der Aviären Influenza verbundenen immensen Folgen für die betroffenen Tiere und Tierhalter sowie der wirtschaftlichen Schäden für die Geflügelwirtschaft muss das Interesse des einzelnen Geflügelhalters zurückstehen.


Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO i.V.m. § 37 des Tiergesundheitsgesetzes bin ich befugt, die sofortige Vollziehung der Maßnahmen anzuordnen. Demnach kann die sofortige Vollziehung angeordnet werden, wenn diese im öffentlichen Interesse liegt. Hier ist das öffentliche Interesse in der Einhaltung der tierseuchenrechtlichen Bestimmungen und damit der Verhinderung einer möglichen Verbreitung des Geflügelpesterregers und somit dem Schutz der Geflügelbestände im Landkreis Ostprignitz-Ruppin zu sehen.


Beim Influenza-A-Virus vom Subtyp H5N1 handelt es sich um ein hochpathogenes Virus, welches schwere Krankheitsverläufe mit hohen Todeszahlen in Geflügelbeständen hervorruft. Die Verschleppung des Virus zwischen Beständen durch Durchführung von Veranstaltungen mit Geflügel und durch mobile Geflügelhändler ist offenbar.


Die Anordnungen stellen eine geeignete Maßnahme dar um eben diese Verbreitung des Virus zu minimieren.


Von der Verschleppung von Tierseuchen geht erhebliche Gefährdung der Allgemeinheit aus.


Durch die Einlegung eines Widerspruchs mit aufschiebender Wirkung könnte durch das verlängerte Verfahren nicht schnellstmöglich reagiert werden. Das öffentliche Interesse an einen wirksamen und unmittelbar greifenden Tiergesundheitsschutz ist somit vorrangig vor den privaten Interessen des Geflügelhalters. Eine länger verstreichende Zeitdauer durch die Einlegung von Rechtsmitteln kann daher nicht hingenommen werden. Die Bestimmungen des Tiergesundheitsgesetzes sind einzuhalten.


Die Anhörung gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) erfolgte nicht, da aufgrund der Tierseuchenlage ein schnelles Handeln geboten ist. Jeder Geflügelhalter hat jedoch innerhalb dieses Verfahrens die Möglichkeit, sich zum Sachverhalt zu äußern.


Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch eingelegt werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Landrat des Landkreises Ostprignitz-Ruppin, Virchowstraße 14-16 in 16816 Neuruppin, einzulegen.


Der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung.

 

Im Auftrag

 

Heiland

Amtstierärztin

 
 
 

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